Die Kunstkommunikation verlässt sich nicht auf die riskante Form der Normalkommunikation, die ja stark binär codiert ist und auf eine schnelle Entscheidung im Hinblick auf eine Annahme oder Ablehnung des Kommunikationsangebotes, das nichts anderes ist als Anschlussfähigkeit, abzielt . Kunstkommunikation setzt ganz auf den Wahrnehmungsbereich, in dem gesichert ist, dass alle dasselbe sehen und welcher trotzdem nicht einschränkend wirkt wie die Sprache, da er nicht auf Annahme oder Ablehnung abzielt: Die Wahrnehmung dient gewissermassen als "Sicherheitsspende" für die Kunstkommunikation, da sie auf wenig intersubjektive Übereinstimmung angewiesen ist. Wahrnehmung zeichnet sich dadurch aus, dass sie "eine gleichzeitige Präsenz von Überraschung und Wiedererkennen" ermöglicht, welche für das Beobachten von Kunst eminent wichtig ist, weil diese "die Einheit dieser Unterscheidung" leisten kann. Während die Normalkommunikation sich der Wahrnehmung auf der Beobachtungsebene erster Ordnung im Sinne eines ‘Sprungbretts für Informationsvermittlung’ bedient, wird die Wahrnehmung in der Kunstkommunikation auf sich selber zurückgeworfen und auf der Beobachtungsebene zweiter Ordnung engagiert. Denn Kunst setzt auf Anschauung, verstanden als "selbstveranlasste Wahrnehmungssimulation" oder Imagination. Auf diese Weise beschäftigt die Kunst die Wahrnehmung über längere Zeit hinweg, indem sie die eigenen Formen zur Bildung der fiktionalen Welt in der Welt ausbreitet und "das Beobachten zwischen Überraschung und Wiedererkennen oszillieren" lässt. Die Kunst "konzediert dem wahrnehmenden Bewusstsein [auf diese Weise] sein je eigenes Abenteuer im Beobachten der Kunstwerke - und macht die dafür Anlass gebende Formenwahl dennoch als Kommunikation verfügbar". Wahrnehmung und Kommunikation stehen also in einer anderen Beziehung zueinander als in der Normalkommunikation, "und allein das wird kommuniziert". Das Bewusstsein bemerkt, dass es in der Kunstbetrachtung von Kommunikation gelenkt wird, sich also durch Beobachtungen der zweiten Ordnungsebene leiten lässt, und erlebt darin auch die Unterschiedlichkeit seines eigenen Operierens. Die Kunst schafft somit das Kunststück, Wahrnehmung und Kommunikation zu verbinden und ihre Beziehung zueinander zu regeln, ohne ihre je eigenen Operationsebenen zu vermischen und muss damit als funktionales Äquivalent der Sprache verstanden werden.